v.l.n.r.: Prof. Dr. Bernd-Joachim Ertelt, Dr. Ingrid Vollmer, Ursula Hartmann-Graham, Anja Obermann, Prof. Ursula Lehr, Prof. Dr. Matthias Vonken, Jutta Schmitz u. René Nohr. (Foto: Kreisverwaltung Mainz-Bingen)

MAINZ-BINGEN (red) – Immer mehr Rentnerinnen und Rentner bleiben im Alter auch beruflich aktiv. Ist eine „Vermittlungsstelle Seniorenjobs“ also eine Perspektive mit Zukunft? Mit einer bundesweiten Fachtagung im Kreishaus in Ingelheim wurden diese und weitere sich daraus ergebenden Fragen aus der Perspektive von Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft beleuchtet und diskutiert. Die Veranstaltung fand im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche Fachkräftesicherung 2018 „Menschen in Arbeit – Fachkräfte in den Regionen“ statt. Organisiert wurde sie vom Geschäftsbereich III des Landkreises Mainz-Bingen in Kooperation mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V. (BAGSO).

Hintergrund der Fachtagung war die vom Seniorenbeirat des Landkreises Mainz-Bingen initiierte „Vermittlungsstelle Seniorenjobs“. Diese wird seit 2016 als Modellprojekt betrieben mit dem Ziel, ältere Arbeitssuchende passgenau mit Arbeitgebern zusammenzubringen. „Die heutige Fachtagung ist eine gute Gelegenheit, um zur Optimierung des Angebotes einen fachlichen Input zu generieren“, erklärte Landrätin Dorothea Schäfer. Auch die stellvertretende Vorsitzende der BAGSO und Bundesministerin a. D. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ursula Lehr befürwortete die Initiative zu diesem Angebot, das zunehmend gebraucht würde. In ihrem Grußwort zeigte die Psychologin und Pionierin der deutschen Gerontologie anhand von demografischen Fakten auf, wie wir älter werden und welche Gründe für eine längere Erwerbstätigkeit sprechen. Mit dem anschließenden Impulsreferat zum Thema „Arbeit im Rentenalter – wer, wie und wieso?“ präsentierte Jutta Schmitz vom Institut Arbeit und Qualifikation an der Universität Duisburg-Essen einen Querschnitt vorliegender Studien. Den Focus legte sie dabei auf die Gruppe der Rentnerinnen und Rentner, deren Hinzuverdienst die reguläre Altersrente ergänzt. Ihre Thesen formulierte sie gleichzeitig als Interpretationsangebot für das nachfolgende Podiumsgespräch. Wie eine Anlaufstelle für jobsuchende Ruheständlerinnen und -ruheständler in der Praxis funktionieren kann, zeigte dann Ute Poßmann, Projektleiterin der „Vermittlungsstelle Seniorenjobs“. Ihr Vortrag lieferte den praktischen Input für das Podiumsgespräch unter der Moderation von René Nohr, Leiter der Volkshochschule Bingen.

Neben Prof. Lehr und Referentin Schmitz wurde das Podium ergänzt durch Prof. Dr. Bernd-Joachim Ertelt von der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit sowie Prof. Dr. Matthias Vonken von der Universität Erfurt. Als Vertreter der Wirtschaft waren auch die Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer Rheinhessen Anja Obermann und die Geschäftsführerin des Binger Dienstleistungszentrums Dr. Ingrid Vollmer mit dabei. Den Bereich „Politik und Verwaltung“ vertrat die zuständige Kreisbeigeordnete des Geschäftsbereiches III Ursula Hartmann-Graham. Die Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer boten aus ihrer jeweiligen Perspektive eine fundierte Diskussion, die auch das Publikum aktiv einbezog. Am Ende des Fachtages waren sich die Vertreterinnen und Vertreter darin einig, dass die „Vermittlungsstelle Seniorenjobs“ nicht als dritter Arbeitsmarkt ins Auge gefasst werden sollte. Sie stelle vielmehr eine sinnvolle Anlaufstelle und Unterstützung für diejenigen dar, die im Rentenalter noch erwerbstätig sein möchten.

Die Kreisbeigeordnete sowie der Vorsitzende des Seniorenbeirates Dr. Anton Miesen konnten viele Anregungen und Impulse zur Optimierung des Angebotes für die Zukunft mitnehmen. „Für mich hat sich heute der Aspekt bestätigt, dass Seniorinnen und Senioren keine homogene Gruppe sind“, zog Hartmann-Graham Bilanz. „Insofern kann eine Vermittlungsstelle wie die unsere auch dazu beitragen, das Bild vom Alter zu verändern, in dem Stereotype aufgeweicht und durch Talente und Potentiale ersetzt werden“. Das bundesweite Interesse einer Reihe von Kommunen an dem Modellprojekt freute den Vorsitzenden des Seniorenbeirates besonders. „Mein größter Wunsch wäre es daher, wenn das Modellprojekt Schule machen würde“, sagte Dr. Miesen. „Die heutige Veranstaltung mit den vielen hochkarätigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird uns auf diesem Weg einen entscheidenden Schritt weiter nach vorne bringen“. Es sei im Interesse der Gesellschaft, der Wirtschaft sowie auch der betroffenen Menschen, dass ihnen je nach Motivation und Leistungsfähigkeit eine Möglichkeit angeboten würde, um auf dem Arbeitsmarkt eine geeignete Tätigkeit zu finden. (Quelle: Kreisverwaltung Mainz-Bingen)