Quelle: Pressestelle Mainz-Bingen

Mainz-Bingen (jk)- Zwei Personen stehen früh am Morgen vor dem Gesundheitsamt Mainz-Bingen in Mainz. Sie halten Abstand zueinander und tragen Mundschutz. Dr. Dietmar Hoffmann, mit Mundschutz, Infektionskittel, Handschuhen und Kopfbedeckung öffnet und bittet sie nacheinander herein. Der Abstrich dauert keine Minute. Bei den beiden handelt es sich um Pflegepersonal eines Seniorenheims. Sie wurden vor ein paar Wochen positiv auf Corona getestet und brauchen nun zwei negative Tests, um ihre Arbeit wieder aufnehmen zu dürfen

„Heute war es ein ruhiger Morgen, normalerweise machen wir etwa zehn bis zwanzig
Abstriche morgens“, sagt Dr. Dietmar Hoffmann, Leiter des Gesundheitsamtes. Beispielsweise kommen Menschen ohne Krankenversicherung, symptomatische Patienten, die keinen Termin mehr beim Hausarzt bekommen haben oder eben Pflegepersonal. „Wir machen diese Abstriche nur nach Absprache und Terminvergabe bei denjenigen, bei denen wir tatsächlich eine Notwendigkeit oder eine Notlage sehen, die aber keine Chance haben im regulären System zeitnah untersucht zu werden“, erklärt Hoffmann. Erste Ansprechpartner seien nach wie vor der Hausarzt oder die Corona-Ambulanzen. Aber auch in vielen Seniorenheimen, Behinderteneinrichtungen oder Wohnstätten für Asylbewerber mangelt es oftmals an Ärzten, die mit ausreichender Schutzausrüstung vor Ort Bewohner und Personal untersuchen. „Unsere Mitarbeiter sind daher fast täglich in diesen Einrichtungen unterwegs, beraten zu Hygienefragen und nehmen Abstrichuntersuchungen hinsichtlich des Coronavirus vor“, so Hoffmann.

Alltagsroutine: Telefonkonferenzen ersetzen persönliche Besprechungen
So ruhig geht der Tag aber nicht weiter für Dr. Hoffmann. Es folgt Telefonkonferenz auf
Telefonkonferenz: Zunächst intern, um die Tagesaufgaben mit den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern des Gesundheitsamtes zu besprechen und festzulegen. Dann folgt der
Austausch mit allen Kliniken im Zuständigkeitsbereich Ingelheim, Bingen sowie den beiden
großen Krankenhäusern in der Stadt Mainz. Bettenbelegungen, Beatmungsplätze, Fallzahlen, Auslastungen und die aktuellen Hygieneempfehlungen werden ausgetauscht und erfasst. Anschließend telefoniert der Verwaltungsstab der Kreisverwaltung Mainz-Bingen. Dr. Hoffmann erstattet der Kreisspitze, dem Katastrophenschutz und dem Rettungsdienst
Rheinhessen Bericht. „Vielen herzlichen Dank für Ihren tollen Einsatz und dem Ihres
gesamten Teams“, heißt es dann durch das Telefon. Landrätin Dorothea Schäfer weiß, was sieam Gesundheitsamt hat. Auch Erwin Malkmus, der für das Thema Gesundheit zuständige
Kreisbeigeordnete, pflichtet ihr bei, bedankt sich und wünscht einen guten Tag. Es folgen
Telefonkonferenzen mit dem Verwaltungsstab der Stadt Mainz sowie am Nachmittag mit
alles Gesundheitsämtern des Landes sowie dem Gesundheitsministerium. „Diese
zahlreichen, aber zumeist kurzen Telefonkonferenzen, haben nahezu alle Besprechungen mit persönlicher Anwesenheit ersetzt und gehören zur täglichen Routine“, schildert Hoffmann den Arbeitsalltag derzeit.

Zwei Teams arbeiten autark voneinander
Im Gesundheitsamt Mainz-Bingen herrscht Hochbetrieb, die Zuständigkeit erstreckt sich über den Landkreis sowie die Stadt Mainz – insgesamt etwa 430.000 Bürgerinnen und Bürger. Der Publikumsverkehr liegt still, aber in zwei Teams, sogenannte Infektionsschutzgruppen, arbeitet hier parallel zueinander die gesamte Belegschaft. Gefühlt fast rund um die Uhr. Auch am Wochenende. „Zwischen den beiden Teams, die im Übrigen auch räumlich getrennt voneinander sitzen, herrscht striktes Kontaktverbot“, erklärt Hoffmann. Ein autarkes und separates Arbeiten der beiden Teams sei sehr gut möglich, da das Gesundheitsamt günstigerweise über zwei Gebäudeteile mit jeweils eigenem Eingang und Treppenhaus verfüge. Nur so sei auch im Falle eines positiven Corona-Falls innerhalb des Gesundheitsamtes der Betrieb noch zu gewährleisten. „Glücklicherweise gibt es diesen noch nicht“, so Hoffmann, der schon wieder Richtung des klingenden Telefons schielt.
Nahezu das gesamt Personal ist derzeit im Bereich Infektionsschutz eingespannt – auch
Abteilungen wie beispielsweise der Schulärztliche Dienst, dessen Arbeitsalltag
normalerweise damit fast keine Berührungspunkte hat. Etwa zwei Drittel der über 60
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich derzeit fast ausschließlich um Corona-
Belange. Bereiche wie der sozialpsychiatrische Dienst oder die Substitutionsambulanz
müssen weiter aufrechterhalten bleiben und binden die restlichen Kapazitäten des Personals. Beim Infektionsschutz wird das Gesundheitsamt von Kräften des Veterinäramtes unterstützt, welches sich im gleichen Gebäude befindet. Kürzlich kam auch weitere Verstärkung aus der Kreisverwaltung hinzu: Vier Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die über medizinisches Vorwissen verfügen, aber eigentlich ganz andere Aufgaben im Verwaltungsalltag innehaben, helfen nun mit, die positiv auf Corona getesteten Menschen abzutelefonieren. Künftig wird auch weiteres externes Personal zur Verfügung stehen. Medizinstudenten werden über das Robert-Koch-Institut (RKI) und der Düsseldorfer Akademie für öffentliches Gesundheitswesen die beiden Infektionsschutzgruppen bei der Arbeit unterstützen. Schulungen und Crash-Kurse zum Thema Infektionsschutz und Datenerfassung stehen dabei immer an erster Stelle, bevor die Arbeit aufgenommen wird.

Corona-Infizierte und deren Umfeld zu identifizieren, kostet Zeit. Ein Stockwerk höher, aus einem Büro kommen Fragen: Wie geht es Ihnen? Haben Sie Husten oder Fieber? Mit wem hatten Sie engeren Kontakt? Hygieneinspektorin Romy Hildebrandt nimmt telefonisch Erstkontakt zu COVID-19-Patienten auf. Zum Schluss des Telefonates bittet sie ihren Gesprächspartner noch darum, ihr eine Liste mit den Kontaktpersonen zukommen
zu lassen. „Das klappt in der Regel gut mit dem Informationsfluss, aber die Kontaktpersonen müssen im Anschluss auch alle von den Kollegen angerufen und elektronisch erfasst werden“,
erklärt Hildebrandt nach dem Auflegen. „Vor den Kontakteinschränkungen waren die Listen
der Kontaktpersonen natürlich riesig und sie werden auch wieder größer, kosten damit auch mehr Zeit, wenn Lockerungen kommen“, weiß Hildebrandt. Sie erfasst die gerade erfragten Angaben, spricht mit den positiv auf Corona getesteten Personen, führt und pflegt die Kontaktlisten. „Das ist nicht immer ganz einfach, weil wir den positiven Befund aus dem Labor bekommen und manchmal keine Telefonnummer dazu haben. Dann heißt es
recherchieren und das ist oftmals aufwändig“, erklärt die Hygieneinspektorin. Sie und vier
weitere Kollegen haben diese Aufgabe inne. Anschließend telefonieren ihre Kolleginnen und
Kollegen die Kontaktpersonen ab und erfassen diese ebenfalls. „Wird eine von diesen positiv auf das Corona-Virus getestet, ist es wieder mein Fall und das Prozedere wiederholt sich“, beschreibt Hildebrandt grob den Ablauf ehe sie in den Außendienst aufbricht. In einem Pflegeheim, in dem es COVID-19-Fälle gab, unterstützt sie an diesem Nachmittag beim Abnehmen von Abstrichen von Bewohnern und vor allem Pflegepersonal, die Kontakt mit diesen hatten. „Ja, das gehört ebenfalls zu den Aufgaben von uns Hygieneinspektoren“, so sagt sie. Parallel zu ihr arbeiten ihrer Kolleginnen und Kollegen der zweiten Infektionsschutzgruppe nach identischem Ablauf im separaten Flügel des Gesundheitsamtes. Die Bearbeitung eines Erstkontaktes nimmt alles in Allem weit über eine Stunde in Anspruch.

Regelmäßiger Kontakt zu COVID-19-Fällen bindet Zeit und Kapazitäten
Erstkontakte abzutelefonieren, Kontaktpersonen zu ermitteln und zu informieren oder die
allgemeine Hotline zu bedienen – der Telefondienst beschäftigt das Gesundheitsamt in
großem Maße. Zusätzlich telefonieren sechs Ärzte täglich die derzeitigen Corona-Patienten
ab, fragen nach Krankheitsverlauf, Symptomen, Fieberständen und protokollieren dies.
„Diese täglichen Kontakte sind für die Erkrankten sehr wichtig, um mit einem Arzt über die
aktuellen Symptome zu sprechen und Ängste abzubauen“, erklärt Dr. Cornelia Höflich, die
diese Arbeitsgruppe koordiniert. Man könne tatsächlich den größten Teil der mit COVID-19
Infizierten ausschließlich ambulant behandeln. „Aber hier ist es für uns umso wichtiger, den
Krankheitsverlauf zu überwachen, um bei einer Verschlechterung rechtzeitig die
erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen“, erklärt Höflich. Zu mindestens ist hier wohl ein
bisschen Entlastung abzusehen: Das Gesundheitsamtes wird künftig auch weitere Formen
der elektronischen Kommunikation nutzen, um mit den Infizierten in Kontakt zu treten.
Gesundheitsamt arbeitet am Limit – auch am Wochenende
„Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten am Limit und hängen sich voll rein. Vier bis sechs
sind auch immer samstags und sonntags im Einsatz“, lobt Dietmar Hoffmann sein Team.
Vieles, wie zum Beispiel Schuleingangs- oder Einstellungsuntersuchungen, Begutachtungen, sozialmedizinische Beratungen und andere anfallende Aufgaben bleiben derzeit weitestgehend liegen. Dazu kommen täglich Entscheidungen, die ad hoc gefällt werden müssen. „Wir werden oft um Sondergenehmigungen gebeten“, so Hoffmann und erzählt von Fitnessstudios oder Firmen der Region, welche angeben, systemrelevant zu sein. Es kommen Anträge von Privatpersonen, welche eine Ausnahme von den Quarantänebestimmungen begehren um Angehörigen besuchen zu können. Oder es melden sich Unternehmen, die Genehmigungen beantragen, Hilfsarbeiter ins Land holen zu können, um wichtige Baustellen bedienen zu können. Dr. Dietmar Hoffmann erzählt aus der Praxis und der damit einhergehenden Schwierigkeiten: „Diese Anfragen sind nachvollziehbar aber es ist sehr schwer über jeden Einzelfall unter diesem Zeitdruck zu entscheiden. Die momentane Lage sei dynamisch und ändere sich permanent. Das gilt auch für die entsprechende Rechtsprechung.“ Da fiele es auch für die Behörde schwer, die Folgen und Auswirkungen solcher Entscheidungen zu Sondergenehmigungen einzuschätzen.Was in der Mainzer Außenstelle der Kreisverwaltung Mainz-Bingen derzeit geleistet wird, weiß Landrätin Dorothea Schäfer sehr zu schätzen: „Ohne die Kolleginnen und Kollegen geht es nicht. Was dort geleistet wird, ist beachtlich und verdient den höchsten Respekt. Sie tragen alle maßgeblich dazu bei, dass die Situation unter Kontrolle ist und bleibt.“ Und so ist es: Die Kontaktbeschränkungen zeigen Wirkung. Seit dem Inkrafttreten flachen die Raten der Neuerkrankungen im Landkreis Mainz-Bingen und in der Stadt Mainz ab. Dagegen werden immer mehr vormals Erkrankte den Genesenen zugerechnet, werden wieder aus der Quarantäne entlassen und gelten als geheilt und für längere Zeit als immun für eine Neuerkrankung. Kreisbeigeordneter und Gesundheitsdezernent Erwin Malkmus kann sich der Landrätin da nur anschließen: „Ich habe eine Standleitung ins Gesundheitsamt und bin immer wieder beeindruckt, dass trotz der vielen Arbeit und Hektik alle weit über ihre Grenzen gehen und trotzdem so ruhig und gelassen mit der Situation umgehen.“So werden auch morgen wieder Dr. Dietmar Hoffmann und seine Kolleginnen und Kollegen und Mitarbeiter das Gesundheitsamt betreten, Abstriche nehmen, von Telefonkonferenz zu Telefonkonferenz springen. Hygieneinspektorin Romy Hildebrandt wird wieder geduldig Liste für Liste mit ihren Kolleginnen und Kollegen abtelefonieren. Dr. Cornelia Höflich und ihr Ärzte-Team werden wieder alle derzeit an COVID-19 erkrankten Patienten anrufen, Daten aufnehmen, Hilfestellungen geben und wenn nötig Beruhigungsarbeit leisten. Alle gemeinsam werden auch den morgigen Tag im Gesundheitsamt wieder positiv und produktivgestalten. Sicher ist aber: Ruhig oder gelassen wird der Tag auch morgen nicht und erfordert
wieder ganzen Einsatz vom gesamten Gesundheitsamt-Team Mainz-Bingen.
(Quelle: Pressestelle Landkreis Mainz-Bingen)