Erst im September entscheidet sich wer den Bürgermeistersessel im Rathaus von Gensingen besetzt. (Foto: Wikipedia/Rudolf Stricker/RHN)

GENSINGEN/MAINZ-BINGEN (red/KV/jf) – Die Wahl zur Ortsbürgermeisterin/zum Ortsbürgermeister in Gensingen muss verschoben werden – das hat die Kommunalaufsicht der Kreisverwaltung Mainz-Bingen heute per Anordnung entschieden. Die bereits in Umlauf befindlichen Stimmzettel zu dieser Wahl verlieren damit ihre Gültigkeit. Wahlen, die darüber hinaus am 9. Juni stattfinden –  die Ortsgemeinderats-, Verbandsgemeinderats, Kreistags- und Europawahl – sind von dieser Entscheidung nicht betroffen. Die neue Wahl zur Ortsbürgermeisterin/zum Ortsbürgermeister wird am 8. September 2024 stattfinden.

In der Begründung der Kommunalaufsicht heißt es konkret: „Die für den 09.06.2024 in der Ortsgemeinde Gensingen festgesetzte Wahl zur Ortsbürgermeisterin/zum Ortsbürgermeister der Ortsgemeinde Gensingen wird wegen eines erheblichen Verstoßes gegen die Wahlvorschriften, der geeignet ist, das Wahlergebnis wesentlich zu beeinflussen, auf den 08.09.2024 verschoben.“

Zum Hintergrund: In einem flächendeckend ausgeteilten Flyer ist eindeutig ersichtlich, dass der amtierende Ortsbürgermeister Armin Brendel in seiner Funktion als Ortsbürgermeister eine Empfehlung für die Wahl eines Kandidaten ausspricht. Verletzen gemeindliche Organe die Neutralitätspflicht, ist dies ein erheblicher Verstoß gegen den Grundsatz der Freiheit der Wahl. Das verfassungsrechtliche Gebot der freien Wahl untersagt es staatlichen und gemeindlichen Organen, Wahlbewerber in amtlicher Funktion zu unterstützen. 

Gemäß Kommunalwahlgesetz (§ 49 Abs. 1 S. 2) ist die Wahl auf einen von der Aufsichtsbehörde zu bestimmenden Tag zu verschieben, wenn eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahl nicht mehr möglich ist. Die Anordnung einer Verschiebung der Wahl setzt voraus, dass die Wahl aufgrund eines Rechtsverstoßes – der nicht mehr heilbar ist – später nach einer Wahlanfechtung zur Ungültigkeitserklärung der Wahl führen würde.

Vorliegend handelt es sich nach intensiver Prüfung der Kommunalaufsicht zweifelsfrei um einen gravierenden Wahlfehler. Die ergangene Wahlempfehlung zugunsten eines Kandidaten durch den amtierenden Ortsbürgermeister verstößt gegen das Neutralitätsgebot, welches einen bedeutenden Wahlrechtsgrundsatz darstellt.

Auch der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Sprendlingen-Gensingen, Manfred Scherer, äußert sich zu dem Fall:

„Ich begrüße die Entscheidung der Kommunalaufsicht zur Verschiebung der Ortsbürgermeisterwahl in Gensingen ausdrücklich. Armin Brendel hatte in seiner Funktion als Ortsbürgermeister auf einem Flugblatt mit Logo und Wappen der Ortsgemeinde zur Wahl des Ortsbürgermeisterkandidaten der FWG Gensingen aufgerufen. Dies stellt einen erheblichen Verstoß gegen die Wahlvorschriften und konkret gegen die Neutralitätspflicht als Ortsbürgermeister und Wahlleiter dar. Er hatte mit dem Flugblatt versucht in seiner amtlichen Funktion die Wahl zu beeinflussen. Damit hat er meines Erachtens unserem demokratischen Gemeinwesen Schaden zugefügt. Auch entsteht auf Seiten der Kandidaten ein materieller Schaden in nicht bekanntem Ausmaß für neue Wahlwerbung. Die ehrenamtlichen Wahlvorstände in der Ortsgemeinde müssen jetzt neben den Verwaltungsmitarbeitern einen zusätzlich hohen Zeitaufwand einbringen. Ich habe heute per Mail zu diesem bisher einmaligen Vorgang in der Verbandsgemeinde einige Fragen an die Kommunalaufsicht gerichtet. Ich möchte u.a. Aufklärung über die Frage warum nicht auch die Ortsgemeinderatswahl verschoben wurde, obwohl der Landeswahlleiter dies empfohlen hatte. Zudem ist zu klären wer die Sach- und Personalkosten für die Nachholung der Wahl trägt und ob der Ortsbürgermeister Wahlleiter für die Kommunalwahl bleiben kann. Auch möchte ich wissen, ob die Kommunalaufsicht meine Meinung teilt, dass gegen den Ortsbürgermeister ein Disziplinarverfahren wegen vorsätzlichem Dienstvergehen einzuleiten ist.“ – so Scherer in einer Mitteilung.

(Quelle: Kreisverwaltung Mainz-Bingen/Scherer – Foto: Rudolf Stricker)