Gesundheitsminister Clemens Hoch (Foto: Staatskanzlei RLP/Schäfer)

MAINZ (red) – Die Sommerwelle des Corona-Virus ist gebrochen: Die Infektionszahlen gehen zurück, und dennoch handeln wir verantwortungsvoll und umsichtig. Die Belastungen in den Krankenhäusern, den medizinischen Einrichtungen sowie die hohe Verantwortung in den sozialen Einrichtungen für vulnerable Gruppen bleiben weiterhin hoch.

Das Hauptaugenmerk der Landeregierung liegt genau hier, auf dem Schutz der vulnerablen Gruppen, wenn es darum geht, sicher durch Herbst und Winter zu kommen, denn eine Überlastung des Systems soll weiterhin auf alle Fälle verhindert werden. „Der Ethikrat des Bundes wie auch der Ethikbeirat des Ministeriums für Wissenschaft und Gesundheit haben vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause jeweils ihre Empfehlungen für die künftige Strategie vorgestellt. Diese waren konstruktive Vorschlägen, die sich im Land gut umsetzen lassen und die wir im kommenden Herbst und im Winter berücksichtigen werden“, sagte Gesundheitsminister Clemens Hoch bei einer Pressekonferenz zur Vorstellung der Strategie gegen die Pandemie für die kommenden Monate. Die Ethikbeiräte hatten sich unter anderem für die Schaffung einer Datengrundlage, um beispielsweise genauere Prognosen zum Pandemieverlauf machen zu können, für die Vorhaltung von Impfstoffen, Schutzmaterial und Medikamenten, neue Impfkampagnen und für die gezielte Behandlung von Pandemiefolgen wie psychische Belastungen sowie Post- und Long-Covid ausgesprochen. „Eine fundierte Datenbasis ist der Schlüssel um künftige Maßnahmen noch genauer auf die aktuelle Lage anzupassen. Um zu wissen, was kommen könnte, ist die Installation eines Frühwarnsystems von Vorteil. Im Rahmen der Diskussion über die Neufassung des Infektionsschutzgesetzes und auch in der Empfehlung des Ethik-Beirates wird empfohlen, ein sogenanntes Abwassermonitoring als ein Teil eines solchen Frühwarnsystems zu implementieren. Für Rheinland-Pfalz heißt das, dass wir dafür bis zum Herbst rund 14 Kläranlagen einbinden möchten“, so der Minister. Mit entsprechenden Einrichtungen in Andernach, Bad Kreuznach, Germersheim, Kaiserslautern, Koblenz, Landau, Mainz, Monterbaur, Pirmasens-Blümelstal, Pirmasens-Felsalbe, Speyer, Worms, Zweibrücken und Triersei man bereits im Gespräch.

“Sentinel-Kohorte”

Auch die Testungen in einer sogenannten „Sentinel-Kohorte“ könne die allgemeine Datengrundlage valide ergänzen. Eine „Sentinel-Kohorte“ ist eine Personengruppe als repräsentativer Ausschnitt der Bevölkerung, die das Infektionsgeschehen einschließlich der Ausbreitung bestimmter Virus-Varianten, Störungen oder Erkrankungen, die zu einer Grunderkrankung hinzukommen (sogenannte Ko-Morbiditäten), Erkrankungen und ihre Verläufe sowie epidemiologische Indikatoren wie Sterblichkeit und Übersterblichkeit etc. abbildet, und so ein stets aktuelles Bild der für die Gesamtbevölkerung anzunehmenden Lage abgibt. Hierzu steht das Gesundheitsministerium mit der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und dem ITWM Kaiserslautern im engen Kontakt. Gleiches gelte für den Nutzen sogenannter „Sentinel-Praxen“: Durch das seit mehreren Jahren etablierte Sentinel-System stehen dem Robert-Koch-Institut (RKI) neben dem gesetzlich verpflichteten Meldewesen gemäß Infektionsschutzgesetz wichtige Informationen über akute Atemwegserkrankungen zur Verfügung. Eine Erweiterung des Sentinel-Systems in Zusammenarbeit mit dem RKI könnte für Rheinland-Pfalz wichtige Daten liefern und nach Einschätzung des Landesuntersuchungsamtes (LUA) als weitere Möglichkeit zur Steuerung von pandemischen Maßnahmen während der kommenden Erkältungssaison im Herbst/Winter 2022/23 in Betracht kommen. In RLP gibt es bereits 52 Sentinel-Praxen. Das Ministerium plant in Zusammenarbeit mit dem LUA und in Absprache mit dem RKI die Surveillance für Rheinland-Pfalz auszuweiten bzw. aufzubauen. „Durch Abwassermonitoring, der Testung von Sentinel-Kohorten und dem Ausbau der Sentinel-Praxen werden wir in Rheinland-Pfalz eine sehr solide Datengrundlage haben, um zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Maßnahmen ergreifen zu können“, sagte Gesundheitsminister Clemens Hoch.

Impfangebote

Auch die Schutzimpfung gewinne im Herbst und Winter wieder eine stärkere Bedeutung. „Unser Ziel bleibt, gerade vulnerable Gruppen zu schützen und eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Je höher die Impfquote, umso besser kommen wir durch die nächste Welle. Die Impfungen gegen COVID-19 werden im weit überwiegenden Teil (mehr als 70 Prozent) in der ärztlichen Regelversorgung durchgeführt. Zur Unterstützung bedarf es – auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit – ergänzender staatlicher Impfangebote, insbesondere um Spitzen abzufangen oder eine hohe Nachfrage innerhalb eines angemessenen Zeitraums abdecken zu können. Wir halten in Rheinland-Pfalz ein solches Angebot vor. Es setzt sich zusammen aus mobile Teams des DRK mit rund 35.000 mögliche Impfungen monatlich (vorrangig zur Unterstützung der Impfungen in Alten- und Pflegeheimen sowie Einrichtungen der Eingliederungshilfe, vulnerable Gruppen), 26 stationäre Impfangebote in den Landkreisen mit rund 195.000 möglichen Impfungen monatlich und sechs Impfbussen mit rund 400 möglichen Impfungen pro Einsatztag und Impfbus“, sagte der Landesimpfkoordinator, Ministerialdirektor Daniel Stich. Darüber hinaus hätten die Kommunen zur Steigerung der Impfquote die Möglichkeit, auf das Angebot der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG) in dem Projekt „Impflotsen“ zurückzugreifen.

Gutenberg COVID-19 Studie

Neben der unverzichtbaren Impfung im Kampf gegen die Pandemie richte das Land auch den Fokus auf die Behandlung von Covid mit bereits zugelassenen Medikamenten wie Paxlovid. Die Verordnung und Verabreichung obliege grundsätzlich den behandelnden Ärztinnen und Ärzten und stehe in ausreichender Menge zur Verfügung. Auch die Ursachen und Therapiemöglichkeiten von Spätfolgen einer Corona-Infektion werde genauer untersucht. „Noch immer sind die Ursachen für Spätfolgen von Corona unbekannt, da nicht klar ist, welche Symptome durch die Infektion verursacht werden und welche nicht. Wir haben im Land aus Mitteln unseres Corona-Sondervermögens bis heute gezielt zahlreiche Projekte zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und für die Erholung von den Pandemiefolgen in Gesellschaft und Wirtschaft ermöglicht. In diesem Rahmen wurde erst vor kurzem die Fortsetzung (Phase II) der Gutenberg COVID-19 Studie mit 1,5 Millionen Euro gefördert. Deren bisherigen Ergebnisse haben das Verständnis der Pandemie und den Umgang mit deren Auswirkungen gefördert und wir als Land Rheinland-Pfalz werden auch langfristig von den Ergebnissen der Gutenberg COVID-19 Studie profitieren können“, so Stich. Das Land erhoffe sich zudem Antworten auf Fragen zu Post- oder Long-Covid, die vor allem den Betroffenen weiterhelfen. Die bisherige Versorgungsstruktur in Rheinland-Pfalz nach einer überstandenen Infektion mit dem Corona-Virus bestehe darin, dass behandelnde Ärztinnen und Ärzte bei Verdacht auf ein Long-Covid Syndrom je nach Symptomatik an die entsprechenden Fachärztinnen und Fachärzte bzw. an die Ambulanzen der Hochschulmedizin zur weiteren Diagnostik und Therapie überweisen. Auf der Grundlage der Studienergebnisse könnte es zur Einrichtung einer Long-Covid-Ambulanz in Rheinland-Pfalz kommen, sagte Daniel Stich.

Landesreserve in Andernach angesiedelt

„Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, wie wichtig medizinisches Material in pandemischen Krisenzeiten ist. So gab es zu Beginn der Pandemie im Jahr 2020 massive Probleme entsprechende persönliche Schutzausrüstung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Gesundheitsfachberufen und Pflegeberufen zu beschaffen, da diese auf dem Weltmarkt nur in einem sehr geringen Umfang und überteuert bzw. schlichtweg überhaupt nicht mehr vorhanden war. Der rheinland-pfälzische Ministerrat hat entschieden, diese Landesreserve an Schutzausrüstung beim Landeskrankenhaus in Andernach anzusiedeln. Dies bedeutet auch, dass die Vorhaltung der Landesreserve beim Landeskrankenhaus für Beschaffungsengpässe von persönlicher Schutzausrüstung in einem Pandemiefall oder einer vergleichbaren Krisensituation dient“, sagte Gesundheitsminister Hoch. Das Pandemielager wird mit einer Größe von knapp 3.200 Quadratmetern auf dem Betriebs- und Versorgungsgelände der Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach entstehen – unweit der Zentralküche und der klinikeigenen Werkstätten. Das Pandemielager ist als Materiallager für persönliche Schutzausrüstung bei andauernden Schadensereignissen in Rheinland-Pfalz vorgesehen. Hierzu zählen insbesondere Infektionsgeschehen wie zum Beispiel Pandemien, aber auch weitere denkbare Schadensereignisse (zum Beispiel Tierseuchen), bei denen der Bedarf an Schutzausrüstung nicht auf andere Weise gedeckt werden kann. Versorgt werden aus dem Lager Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem medizinischen und pflegerischen Bereich zum Beispiel in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen. Hinzu kommen die Bereiche der kritischen Infrastruktur wie Polizei, Feuerwehr, Hilfs- und Rettungsdienste sowie die Justiz.

Ende 2023 fertiggestellt

Die geplanten Kosten von 7,37 Millionen Euro (Stand 22. August 2022) werden vom Land getragen. Das Lager soll, wenn alles nach Plan läuft, Ende 2023 fertiggestellt werden. Je nachdem, wie sich der Rohstoffmarkt aufgrund der vorherrschenden weitweiten Krisen entwickelt, kann es zu Kostensteigerungen beziehungsweise zu Verzögerungen beim Bau kommen. Der jährliche Betrieb wird nach derzeitigem Stand zwischen 700.000 und 1,5 Millionen Euro kosten (Normal- und Pandemiebetrieb). Das Lager soll im Normalbetrieb von vier bis fünf Mitarbeitenden unterhalten werden. Welche Artikel gelagert werden sollen, definiert das Wissenschafts- und Gesundheitsministerium. Dr. Alexander Wilhelm, Geschäftsführer des Landeskrankenhauses, sagt: „Wir sind stolz, dass das Ministerium uns die Verantwortung für das Pandemielager des Landes Rheinland-Pfalz überträgt. Dieses Vertrauen ist ein großes Zeichen der Wertschätzung gegenüber unseren Mitarbeitenden und ihren sehr guten Leistungen und Konzepten während der bisherigen Pandemiezeit. Wir werden die uns übertragenden Aufgaben gewissenhaft und professionell ausführen.“

Lockdowns sollen vermieden werden

Der Gesundheitsminister und Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig sind sich einig, dass erneute großflächige Kita- und Schulschließungen auch im kommenden Herbst und Winter unbedingt zu vermeiden sind. Den Kita-Kindern sowie den Schülerinnen und Schülern muss es möglich sein, alle Bildungsangebote in Präsenz wahrzunehmen. Unter dieser Prämisse steht auch weiterhin unser gesamtes Handeln. „Unsere Handlungsmöglichkeiten werden hier (ebenfalls) definiert durch das Bundesinfektionsschutzgesetz, dessen aktuelle Fassung bis Ende September in Kraft ist. Aus diesem Grund ist eine generelle Testpflicht momentan oder zum Schulstart am 5. September ebenso wenig möglich wie eine generelle Maskenpflicht und beides ist deshalb auch weiterhin nicht geplant. Wichtig ist und bleibt es, dass Kinder und Jugendliche beim Auftreten von Krankheitssymptomen nicht in Kitas und Schulen kommen. Im Falle eines konkreten Anlasses wie eines Ausbruchsgeschehens kann zudem das örtliche Gesundheitsamt Tests oder weitergehende Maßnahmen anordnen. Welche konkreten Maßnahmen ab Oktober durch die Länder erlassen werden können, hängt von der Neugestaltung des Bundesinfektionsschutzgesetzes und von der Entwicklung der Corona-Lage ab. In jedem Fall stimmen sich das Gesundheits- und das Bildungsministerium dazu weiter eng mit einer Gruppe von Experten ab, die uns seit geraumer Zeit in Fragen des Pandemie-Managements berät. Die Schulen und Kitas werden vor dem Ende der Sommerferien vom Bildungsministerium noch einmal gesondert informiert“, so Minister Hoch und Ministerin Hubig. (Quelle: Gesundheitsministerium RLP – Pressestelle)